David Goeßmann am 20.6.2025:Inhalt
- USA, Israel und die Erfindung der iranischen Bedrohung
- David Goeßmann, 20. Juni 2025
- Woher stammt die westliche Obsession mit dem Iran? Das "Mullah-Regime" bedrohe den Weltfrieden, heißt es. US-Geheimdienste und -Militärs sehen das anders.
Beim G-7-Gipfel in Kanada verabschiedeten Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada und die USA eine gemeinsame Resolution zu Israels Angriff auf den Iran. Darin heißt es: "Der Iran ist die zentrale Ursache für regionale Instabilität und Terrorismus."
- Iran ist schuld
Man betonte zudem, dass Israel das Recht habe, "sich zu verteidigen". "Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Sicherheit Israels."
Während Israel den Iran in den vergangenen Tagen weiter mit Raketen beschießt und der Iran darauf mit Beschuss auf Israel reagiert, droht nun, dass die USA aktiv in den Krieg hingezogen werden.
Gleichzeitig wird Teheran für die kriegerische Eskalation verantwortlich gemacht. Der Iran sei, so das G7-Gremium, die eigentliche Bedrohung und Gefahr für die Region und habe Israel zu dem "präventiven Angriff" gezwungen.
- Israels Selbstverteidigung
Aber die Frage ist, inwiefern der Iran Israel und die Region bedroht und damit die Angriffe Israels gerechtfertigt werden können.
Seit Ausbruch des Gaza-Kriegs hat Tel Aviv den Iran bzw. iranische Einrichtungen bereits mehrmals angegriffen. Im April 2024 bombardierte man die iranische Botschaft in Damaskus in Syrien. Ende Juli attackierte Israel direkt die iranische Hauptstadt Teheran mit einem Tötungsschlag gegen den politischen Chef der Hamas, Ismail Haniyya.
Völkerrechtlich stellen diese Angriffe illegale Aggressionsakte dar. Denn Gewaltanwendungen zwischen Staaten sind gemäß des internationalen Rechts verboten und nur in äußerst engen Schranken legitim. Lediglich die Verteidigung gegen einen imminenten, gerade stattfindenden Angriff von außerhalb, der nur noch mit militärischen Mitteln abgewehrt werden kann, ist erlaubt.
- Präventive Schläge
Da es jedoch keinen ablaufenden oder imminenten Angriff Teherans gab, den Israel abwehrte, wird der Angriff von Israel und im Westen damit legitimiert, dass der Iran kurz davor gestanden haben soll, sich Atomwaffen zu besorgen. Es sei ein präventiver Schlag gewesen.
Bundeskanzler Friedrich Merz sagte z.B. der ARD im Interview, dass er Netanjahu glaube, dass eine Notsituation vorgelegen habe, auf die Israel mit dem Recht auf Selbstverteidigung reagierte. Worauf sich diese Notsituation begründet, teilten weder Merz noch Netanjahu mit.
Die Rechtfertigung, der Iran sei dabei gewesen, Atomwaffen herzustellen, läuft aber ins Leere. Denn selbst wenn dem so wäre, ist es kein legitimer Kriegsgrund nach der UN-Charta – ganz abgesehen davon, dass die Bombardierungen der Netanjahu-Regierung die nuklearen Verhandlungen Washingtons mit Teheran sabotierten.
Oder hat der Iran etwa das gleiche Recht, Israel zu bombardieren, weil es sich schon vor langem heimlich Atomwaffen besorgt hat, den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet und keine Inspektoren zulässt, anders als der Iran?
- Geheimdienste
- Kein Atomwaffenprogramm
Aber die Erklärung stimmt nicht einmal faktisch. Denn Geheimdienste weltweit, einschließlich der der USA und des israelischen Mossad, sehen im Iran weiter keine nukleare Bedrohung, so der israelische politische Analyst Ori Goldberg. In der Gefahrenanalyse der Direktorin der National Intelligence der Vereinigten Staaten, Tulsi Gabbard, vom 26. März 2025, heißt es zum Beispiel:
Der IC [Intelligence Community, US-Geheimdienste] geht weiterhin davon aus, dass der Iran keine Atomwaffen baut und der Oberste Führer Khomeini ein Atomwaffenprogramm nicht genehmigt hat, das 2003 ausgesetzt wurde.
So gilt seit den 1990er-Jahren im Iran weiter die Fatwa gegen Massenvernichtungswaffen, was das Verbot von Atomwaffen einschließt. Das deckt sich auch mit den Einschätzungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die zwar Verstöße des Irans gegen Auflagen des Atomwaffensperrvertrags jüngst rügte, aber weiter kein Atomwaffenprogramm im Land feststellen konnte.
- Unprovozierte Agression
Die US-Geheimdienste gehen zudem davon aus, anders als immer wieder kolportiert, dass der Iran nicht nur nicht nach einer Atomwaffe strebe, sondern auch noch bis zu drei Jahre davon entfernt sei, eine solche Waffe herzustellen und an ein Ziel seiner Wahl liefern zu können.
Alle Angriffe Israels gegen den Iran sind also nach Völkerrecht illegal und zudem unprovoziert. Man erinnere sich an den Ukraine-Krieg. Dort ist immer wieder im Westen betont worden, dass Russland "unprovoziert" den Krieg begonnen habe.
Im Fall Israels ist diese Bezeichnung in den Debatten in Europa und den USA nun abwesend. Vielmehr wird der Iran kontrafaktisch beschuldigt, die Angriffe Israels zu verantworten.
- Geschichte der iranischen Bedrohung
Das Narrativ einer iranischen Bedrohung hat eine lange Geschichte. Seit über vierzig Jahren, seit der Revolution von 1979 und dem Sturz der unpopulären, westfreundlichen Schah-Regierung, sehen insbesondere die USA und Israel in dem Land eine Gefahr. Das hat auch damit zu tun, dass sich der ressourcenreiche Staat mit heute über 90 Millionen Bewohnern vom Westen nicht nur unabhängig machte, sondern als regionale Großmacht gegen äußere Einmischung in die Region wendete.
So stellte man sich an die Seite der Palästinenser gegen die israelische Besatzungs- und Apartheid-Politik und die Verhinderung eines Palästinenserstaats sowie an die Seite der Hisbollah im Libanon und der Huthi im Jemen, die sich gegen äußere Aggressionsakte von Israel und den Golf-Staaten mit US-Hilfe wehrten.
In den letzten Jahrzehnten ist die iranische Haltung in internationalen Beziehungen dabei durch eine ganze Reihe von Erfahrungen geprägt worden. Diese reichen vom Iran-Irak-Krieg der 1980er-Jahre über die Eindämmungspolitik der USA bis hin zur Invasion des Irak 2003 und Teherans kalkulierter Unterstützung der Besetzung Bagdads als Rache für die frühere Niederlage.
- Irans defensive Strategie
Trotz aller Rhetorik, die von US-Regierungen, in Europa und in den Medien verbreitet wird, ist man sich allseits klar darüber, dass Teheran dabei keine aggressive, offensive Agenda in der Region verfolge.
So hieß es schon im Jahr 2010 in einem Pentagon-Bericht an den US-Kongress zur militärischen Stärke des Iran, dass "Irans Sicherheitsstrategie darauf fußt, Angriffe abzuwehren".
Irans Militärstrategie ist darauf ausgerichtet, sich gegen äußere oder "schwere" Bedrohungen von den Vereinigten Staaten und Israel zu verteidigen
- Pentagon-Bericht
Das zeige sich auch an den Militärprogrammen, darunter der Fokus auf Infanterieeinheiten an den Grenzen, so der Pentagon-Bericht. Die defensive Militärdoktrin sei "derart ausgestaltet, Invasionen zu verlangsamen und eine diplomatische Lösung im Angesicht der Feindseligkeiten zu erwirken".
Man setze dabei auf Abschreckung von Aggressionsakten, so das amerikanische Verteidigungsministerium gegenüber dem US-Kongress. Dazu zähle auch die Möglichkeit, dass sich das Land Atomwaffen anschaffen könnte.
Das Pentagon betonte damals schon die niedrigen Verteidigungsausgaben des Iran im Vergleich zum Standard in der Region. Heute, 2024, liegt der Militäretat Israels inklusive der US-Hilfen bei rund 46,5 Milliarden US-Dollar.
Im Vergleich dazu gibt der zehnmal größere Iran nur rund 7,9 Milliarden Dollar aus, bei fallender Tendenz wegen der Sanktionen, während die USA bei astronomischen 1.000 Milliarden Dollar Militärausgaben gelandet sind. Soweit zur Kräftebalance.
- Abschrecken statt Angreifen
Auch neuere Sicherheitsstudien betonen, dass der Iran weiter eine Verteidigungsstrategie verfolge, wenn auch in den letzten Jahren verstärkt mit einer Vorwärtsverteidigungsagenda, siehe die Unterstützung der libanesischen Hisbollah, irakischer Gruppen oder der jemenitischen Huthi. So schreibt der Sicherheitsexperte Matthew McInnis, Mitarbeiter der Abteilung für politische Planung im US-Außenministerium:
Das iranische Militär wird nach wie vor von defensiven Doktrinen dominiert, die sich an vier Hauptzielen orientieren: Sicherung des Regimes (oder Schutz der Regierung vor Subversion und Instabilität); Territorialverteidigung; demonstrative Abschreckung (oder Machtdemonstration); und Vergeltungsabschreckung (oder "Drohung als Antwort auf Drohungen"). Das Kernstück der iranischen Abschreckungsstrategie, die Vergeltungsabschreckung, zielt darauf ab, einen Gegner durch die Androhung von Vergeltungsmaßnahmen wie Terroranschläge, Raketenangriffe oder Cyberangriffe davon abzuhalten, einen Konflikt zu beginnen oder ihn schnell zu deeskalieren.
Vali Nasr, Professor für Nahoststudien an der Johns Hopkins School in Washington D.C., ehemaliger Berater des US-Außenministeriums und einer der besten Iran-Kenner in den USA, erklärt, dass westliche Politiker ein falsches Verständnis vom iranischen Ansatz hätten. Logik des Überlebens
- Logik des Überlebens
Es sei nicht so sehr ideologisch oder religiös, sondern kalkuliert und pragmatisch ausgerichtet. Die iranische Außenpolitik sei durchdrungen von einer Logik des Überlebens und den Wunden der Geschichte.
Nasr spricht von einer "Strategie des Widerstandleistens", mit der Teheran versuche, den Druck der USA auszusitzen und abzuschwächen. Die Führung hätte mehrfach unter Beweis gestellt, diplomatische Chancen zu nutzen, die regionale Entspannung zu fördern und mit kalkulierter Zurückhaltung zu handeln, während man dabei von einer Belagerungssituation ausgehe.
Die Aussöhnung des Iran mit Saudi-Arabien im Jahr 2023 durch Vermittlung von Beijing, die Partnerschaften mit regionalen Stellvertretern und die verstärkten Beziehungen zu Russland und China sind für Nasr dabei Versuche, um sich Luft zu verschaffen und eine pragmatische Absicherung gegen den Druck des Westens.
Iran sei zuvorderst um seine eigene nationale Sicherheit besorgt, das dominiere die Außen- und Militäragenda. In dem neuen Buch von Nasr, das gerade erschienen ist, mit dem Titel "Iran’s Grand Strategy: A Political History" (Irans Großstrategie: Eine politische Geschichte) argumentiert der Nahostexperte, dass der "Iran der Feind ist, den der Westen kreiert habe". Für das Buch hat er zahlreiche Interviews mit iranischen Insidern geführt.
- Westliche Meinungsmache
Trotz der allseits bekundeten defensiven und reaktiven Strategie Irans in Sicherheitskreisen, gilt Teheran weiter in der politischen Öffentlichkeit in den USA und Europa als die größte Bedrohung der Region und für Israel. So erklärte Kanzler Merz im ARD-Interview:
Israel ist umgeben von Ländern, deren große Mehrzahl die Auslöschung des Staates Israel sozusagen zur Staatsdoktrin erhoben hat. Das Land, das sich seit Jahrzehnten am meisten hervorgetan hat, ist der Iran und dieses Mullah-Regime. Israel ist bedroht gewesen und durch ein Atomwaffenprogramm zusätzlich bedroht worden.
Da die militärische Bedrohung nicht existent ist, beruft man sich im Westen nun einerseits auf Drohungen der iranischen Führung gegen das "zionistische Regime" und die USA. Andererseits rekurriert man auf die Absicht Irans, Atomwaffen zu entwickeln, um Israel auszulöschen.
- Doppelte Droh-Standards
Was die iranische Rhetorik angeht: Sie übersteigt kaum das, was von der anderen Seite regelmäßig angekündigt wird. So hat nicht nur Israel, sondern auch die US-Regierung immer wieder mit Angriffen und sogar nuklearen Schlägen gegen den Iran gedroht.
So prophezeite US-Präsident Donald Trump bei den jüngsten Verhandlungen, sollte Teheran sein Nuklearprogramm, also auch die zivile Nutzung, nicht komplett einstellen, werde man dem Land "die Hölle heiß machen", während "alle Optionen auf dem Tisch liegen" – was eine implizite Atomschlagdrohung ist.
Auch sind westliche und israelische Aufrufe von Regime Change im Iran sowie die Ermordung von iranischem Militärpersonal und Nuklearwissenschaftlern vonseiten Washingtons und Tel Avivs ein oft genutztes Mittel, um die politische Führung in Teheran zu destabilisieren.
Im Iran weiß man, dass Regime Change durch den Westen zudem eine historische Realität ist. 1953 organisierten die USA und Großbritannien einen Militärputsch, um die parlamentarische Regierung des Iran zu stürzen und die Diktatur des Schahs zu installieren, die eine der schlimmsten Menschenrechtsbilanzen der Welt zu verantworten hatte.
- Westlich-israelische Aggression
Im Gegensatz zum Iran verhalten sich die USA und Israel in der Region außerdem seit Jahrzehnten aggressiv mit kriegerischen Invasionen, politischen Tötungsprogrammen und Drohungen.
Darunter zählen die diversen Libanonkriege und die 20 Jahre dauernde Besatzung des Südlibanons durch Israel mit US-Hilfe; die endlosen Afghanistan- und Irakkriege der USA ab 2001 bzw. 2003; Drohnen- und Mordprogramme (allein 2.700 illegale politische Tötungen in 70 Jahren durch Israel, so die Auswertung eines israelischen Journalisten). Dazu kommt der brutale Jemen-Krieg der Golf-Allianz, unterstützt mit Waffen vom Westen.
Iran hat sich demgegenüber in hunderten von Jahren nicht kriegerisch verhalten, andere Länder überfallen und besetzt. Den einzigen aggressiven Akt, den Iran begangen hat, war in den 1970er-Jahren unter dem Schah, unterstützt von den USA. Man besetzte damals drei arabische Inseln.
- Die wirkliche Bedrohung durch den Iran
Wenn im Westen also von der iranischen Bedrohung gesprochen wird, dann handelt es sich nicht um eine militärische Bedrohung. Warum Teheran trotzdem aus westlicher und israelischer Sicht als Bedrohung wahrgenommen wird, hat andere Gründe.
Was den Westen, insbesondere die USA, am meisten besorgt, ist, dass der Iran einen eigenständigen Weg geht, Widerstand leistet gegenüber den Interventionen Washingtons und Einfluss nimmt auf andere Staaten, so dass die USA ihre Dominanz in der öl- und gasreichen Region verlieren könnten.
Der Iran verfügt nicht zufällig über einige der weltweit größten nachgewiesenen Öl- und Erdgasvorkommen und rangiert weltweit an dritter Stelle der Öl- und an zweiter Stelle der Erdgasreserven.
- Teheran will keine Atomwaffen
Was nun die Bedrohung durch iranische Atomwaffen angeht: Der Iran hat immer wieder klargemacht, dass man keine Atomwaffen entwickeln möchte. Als in Wien 2015 der Joint Comprehensive Plan of Action beschlossen wurde, der den Iran zu einer nuklearwaffenfreien Zone machte, erklärte der iranische Außenminister, Javad Zarif: "Jetzt ist es höchste Zeit, dass wir diese Zone auf den gesamten Nahen Osten ausweiten." Israel, die Atommacht, müsse folgen.
Das Iran-Abkommen, das damals unter US-Präsident Barack Obama beschlossen wurde und die Anreicherung von waffenfähigem Material im Gegenzug zu Sanktionserleichterungen erfolgreich begrenzte, kündigte Trump aber in seiner ersten Amtszeit 2018 einseitig wieder auf und eskalierte den Konflikt.
Auch die Atomwaffenfreie Zone Nahe und Mittlere Osten harrt weiter ihrer Umsetzung, obwohl eine solche vom Iran, Ägypten und der Konferenz der blockfreien Staaten unterstützt wird. Aber die USA blockieren, um Israels Atomwaffenarsenal nicht zu gefährden.
- Druck auf Teheran
Trump startete nun in seiner zweiten Amtszeit zwar anfänglich wieder Verhandlungen mit dem Iran. Aber er forderte gleichzeitig, dass Teheran jegliche Urananreicherung beenden müsse, was inakzeptabel für das Land ist, weil damit auch die zivile Nutzung von Atomkraft für den Iran ausgeschlossen wird. Experten beurteilten Trumps Forderung mit Ultimatum als gefährliche Hardliner-Erpressung, die letztlich zum Krieg führen werde, was dann auch geschah.
Bei Militärs und in Geheimdiensten in den USA wird, wie schon gesagt, ein mögliches Atomwaffenprogramm des Irans, von dem man bisher nicht ausgeht, als defensives Abschreckungsinstrument diskutiert. Es käme für den Iran nur dann in Betracht, wenn Teheran dazu gezwungen würde durch eine eskalierende Bedrohungslage.
- Nuklearwaffen als Abschreckung
So schrieb der konservative israelische Militärhistoriker Martin Levi van Crefeld nach Beginn des Irakkriegs 2004 in der International Herald Tribune in einem Artikel mit dem Titel "Sharon on the warpath: Is Israel planning to attack Iran?" (Scharon auf dem Kriegspfad: Plant Israel den Iran anzugreifen?):
Der Iran ist heute von allen Seiten von amerikanischen Streitkräften umgeben – im Norden von den zentralasiatischen Republiken, im Osten von Afghanistan, im Süden vom Persischen Golf und im Westen vom Irak. (…) Wo immer US-Streitkräfte hingeschickt werden, gehen auch Atomwaffen mit oder können innerhalb kurzer Zeit dorthin gebracht werden. Die Welt hat miterlebt, wie die Vereinigten Staaten den Irak angegriffen haben, wie sich herausstellte, ohne jeden Grund. Würden die Iraner nicht versuchen, Atomwaffen zu bauen, wären sie verrückt.
Van Crefeld betont dabei, dass der Iran zwar von islamischen Fundamentalisten regiert werde. Aber die meisten Kommentatoren, die mit dem Land vertraut sind, hielten seine Regierung nicht für irrational. "Saddam Hussein hat den Iran angegriffen, nicht umgekehrt; seitdem ist der Iran nicht aggressiver als die meisten anderen Länder."
Und: Die USA haben von der "Achse des Bösen" den Irak angegriffen, nicht Nordkorea. Denn dort kann man sich mit Atomwaffen gegen einen US-Einmarsch schützen.
Durch den Krieg Israels gegen den Iran mit US-Hilfe und einen möglichen aktiven Eintritt Washingtons in die Kriegshandlungen könnte der Führung in Teheran nun ein starkes Argument in die Hand gegeben worden sein, sich Nuklearwaffen als Abschreckung zu besorgen, die man eigentlich nicht haben will.
- Wer bedroht wen?
Die Bedrohung des Iran ist zu großen Teilen eine Erfindung des Westens. Die Weltbevölkerung und insbesondere die in der Region sieht in den USA und Israel die Hauptquelle für Instabilität und eine Gefahr für den Weltfrieden, nicht im Iran. Militärisch ist die iranische Bedrohung praktisch nicht existent.
Sicherlich will niemand, dass der Iran Nuklearwaffen hat. Aber das Streben nach Atomwaffen wäre letztlich eine Reaktion auf westliche und israelische Drohungen und Aggressionsakte, gegen die Teheran eine Abschreckung haben möchte.
Eine Lösung, um den Konflikt und die Spannungen zu reduzieren, also die Bedrohungslage abzubauen, wäre das Einstellen der völkerrechtswidrigen Feindseligkeiten von Seiten Israels gegen andere Länder, die Erneuerung des erfolgreichen Iran-Deals, eine Atomwaffenfreie Zone Naher und Mittlerer Osten (Israel müsste dann seine Nuklearwaffen abgeben) und eine Ende des von der Netanjahu-Regierung betriebenen Gaza-Kriegs, der Israel auf einem nicht enden wollenden Kriegspfad hält.
Dieser Text erscheint auf PhenixXenia.org mit freundlicher Genehmigung des Autors David Goeßmann